Was ist Funktionelles Training?
Funktionelles Training ist eine alltagsrelevante und sportartübergreifende Trainingsform. Sie beinhaltet komplexe Bewegungsabläufe, die mehrere Gelenke und Muskelgruppen gleichzeitig beanspruchen. Es hat seinen Einzug in unterschiedlichste Handlungsfelder gehalten.
Begriffsdefinition
„Bewegungen, die nur einen einzigen Muskel isoliert beanspruchen, sind als unfunktionell zu bezeichnen. Funktionelle Bewegungsformen integrieren immer mehrere Muskeln und Muskelgruppen gleichzeitig.“ (Gambetta und Gray 2002: Michael Boyle: Functional Training. S. 11). Im Grunde genommen werden Bewegungen anstelle einzelner Muskeln trainiert.[1] Somit steht es im Gegensatz zum traditionellen Krafttraining, bei dem oft ein Großteil der Übungen an Geräten absolviert wird, um die anzusprechenden Muskeln oder Muskelgruppen gezielt zu isolieren. Betrachtet man die Bewegungen des Menschen im (Sport-)Alltag, so fällt auf, dass so gut wie keine Bewegung auf nur ein Gelenk beschränkt ist. Somit wäre es vor dem Hintergrund des funktionellen Trainings unzweckmäßig nur eine bestimmte Muskelgruppe gezielt anzusprechen, wenn doch eine ganze Muskelkette aus einer Vielzahl von Muskeln involviert ist. Dieser Überlegung trägt auch der bekannte amerikanische Physiotherapeut Gary Gray Rechnung, der mit seiner Anschauung zu Muskelfunktionsweisen während des Bewegungsvollzugs, die Denkweise über funktionelles Training revolutionierte.[2] Auch Verfechter des Core-Trainings, als wesentlicher Bestandteil des funktionellen Trainings, gehen davon aus, dass nur über eine stabile Rumpfmuskulatur effektiv Kraft auf die Extremitäten und damit die gesamte aktivierte Muskelkette übertragen werden kann.[1] In dem Fachbuch „Trainer für funktionelles Training“ wird das funktionelle Training in Anlehnung an Boyle (2002) und DR. WASTL (2014) wie folgt definiert: „Funktionelles Training zielt durch systematische, planmäßige und regelmäßige Wiederholung auf einen Veränderungsprozess an Psyche oder Körper ab, um eine bestimmte sportliche oder alltagsbedingte Leistung erbringen zu können, die von einzelnen oder mehreren Einflussfaktoren abhängig ist oder in enger Verbindung zu diesen steht. Es wird mithilfe verschiedener Methoden gesteuert und setzt auf den Einsatz mehrerer Muskeln und Muskelgruppen, so dass es sportartübergreifend, niveauübergreifend und geschlechtsspezifisch zum Einsatz kommen kann.“ DÖHNERT,A. (2014)
Trainingsprinzipien
„Funktionelle Trainingsprogramme versetzen den Athleten gewollt in eine instabile Lage. Der Sportler muss reagieren und mit gezielten Bewegungen Stabilität wiederaufbauen.“ (Gambetta und Gray 2002: Michael Boyle: Funktional Training, S. 13). Es besteht überwiegend aus Übungen, bei denen der Athlet mit seinem eigenen Körpergewicht als Widerstand arbeitet. Durch die Übung selbst, durch instabile oder labile Unterlagen oder durch einen äußeren Reiz (z.B. Trainer) wird eine instabile Gleichgewichtssituation hervorgerufen, in welcher sich der Sportler stabilisieren beziehungsweise ausbalancieren muss.[2] Diese instabile Situation muss jedoch in progressiver Art appliziert werden. Das bedeutet, dass die Übungen nach und nach komplexer und schwieriger werden. Voraussetzung dafür ist die Kenntnis über den derzeitigen Leistungsstand des Trainierenden, denn es macht einen Unterschied, ob ein Patient nach einer Verletzung ein funktionelles Training erfährt oder ein Athlet in der Hochleistungsphase.[1] Da Gleichgewicht höchst spezifisch trainiert werden sollte, um Transfereffekte in den Alltag oder die Sportart zu gewährleisten, setzt es eine exakte Analyse der Bewegungen voraus und damit der Muskelschlingen, die primär trainiert werden sollten. Funktionelles Training hat jedoch nicht ausschließlich den Anspruch der Leistungssteigerung, sondern auch der Ganzheitlichkeit.[1] Die Übungsauswahl sollte also Kraft, Schnellkraft, Balance, Stabilität, Flexibilität und Ausdauer verbessern. Außerdem ist darauf zu achten, dass ein zweckmäßiges Gleichgewicht zwischen Stoß- und Zugfähigkeit, ebenso wie zwischen knie- und hüftdominanter Hüftstreckung, also beispielsweise der Kraft der vorderen und hinteren Oberschenkelmuskulatur besteht.[2]
Ziele und praktische Anwendungsgebiete
Richtig angewandt, können Personen aller Altersklassen und Leistungsniveaus vom funktionellen Training profitieren. Es hat mittlerweile Einzug in viele Trainingsbereiche gehalten. Die Zielstellungen sind Leistungssteigerung, -erhaltung, -wiedererlangung, Steigerung der Rumpfstabilität, Verbesserung von Balance, Flexibilität, Stabilisation allgemein sowie von Gelenken, Koordination und Ökonomisierung von Bewegungen. Ursprünglich wurde funktionelles Training jedoch in der Rehabilitation von Patienten angewandt. Den größten Bedeutungszuwachs in Deutschland erhielt funktionelles Training durch die Kooperation von Jürgen Klinsmann und dem amerikanischen Fitnesstrainer Mark Verstegen zur Vorbereitung der deutschen Fußballnationalmannschaft auf die WM 2006.[1] Funktionelles Training kann im Leistungssport einen wichtigen Beitrag zur Verletzungsprävention leisten, indem diejenige spezifische Kraft und Balance entwickelt wird, die nötig ist, um in extremen Belastungssituationen möglichst gut vor Verletzungen geschützt zu sein.[2] In den letzten Jahren hat funktionelles Training in der Fitnessbranche an großer Bedeutung gewonnen und mittlerweile auch Einzug in den Breiten– und Freizeitsport gehalten. Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld ist das Personal Training. Viele Trainingskonzepte auf diesem Gebiet basieren ganz fundamental auf den Prinzipien des funktionellen Trainings. Es gibt über 300 verschiedene Übungen, die in funktionellen Training durchgeführt werden. Anfängern wird empfohlen, sich den Bewegungsablauf durch eine fachkundige Person genau zeigen zu lassen, da durch Fehlhaltungen insbesondere im unteren Rückenbereich mehr Schaden angerichtet werden könnte.